
Hintergrund der
Neuroathletik
WAS IST NEURO-
ZENTRIERTES TRAINING?
Die neurozentrierte Sichtweise erklärt
Neuroathletiktraining
als Trainingskonzept
Neurozentriertes Training ist als Trainingskonzept zu verstehen, welches Erkenntnisse, Modelle und Prinzipien aus zahlreichen Teilgebieten der Neurowissenschaften verknüpft und in der Praxis integriert.
Neurozentriertes Training (NZT)
als Perspektive und Ergänzung
Im Zentrum des NZT steht ein bewusster Wechsel der Perspektive. Dabei werden Leistung, Bewegung, Körperfunktionen und Symptome durch eine «neurologische Linse» betrachtet. Dieser Perspektivenwechsel erlaubt es, die Steuerzentrale Nervensystem bei Problemanalysen, Lösungsansätzen und Trainingsinputs explizit zu berücksichtigen. Deshalb betrachtet die SANT das NZT als bereichernde Ergänzung zu bereits bestehenden Trainings- und Therapiekonzepten- und Methoden.
Die neurozentrierte
Sichtweise von SANT
Die Abbildung fasst die «neurozentrierte Linse» und die Verknüpfung der zahlreichen Teilgebiete der Neurowissenschaften, welche das NZT ausmacht, in einer graphischen Darstellung zusammen. Der Chart ist keinesfalls als komplett oder abschliessend zu betrachten.


Optimale Trainingsreize
Das Nervensystem funktioniert nach dem Prinzip «Use it, or Lose it» und ist stets abhängig von einer ausreichenden Brennstoffversorgung. Zwei Grundlagen, welche im NZT fundamental verankert sind.
Input - Verarbeitung - Output
Das Nervensystem nimmt Informationen aus der Umwelt und dem Körper als sensorischen Input auf. Im zentralen Nervensystem wird der sensorische Input verarbeitet und integriert. Auf der Basis dieser sensorischen Informationen wird auf unbewusster und/oder bewusster Ebene eine Entscheidung getroffen, welcher Output für die aktuelle Situation angepasst ist. Schliesslich erteilt das zentrale Nervensystem den Befehl in Form eines motorischen Outputs an die Effektororgane.
Herkömmliche Trainingsmethoden orientieren sich stark direkt am motorischen Output, dem Ende der neuronalen Schlaufe. Das NZT berücksichtigt explizit auch die Bereiche Input und Verarbeitung, welche die Grundlage für den Output darstellen.

Inputsysteme
Damit unser Gehirn Bewegung präzise steuern kann, ist es auf sensorische Informationen aus der Umwelt und dem Körperinnern angewiesen (Sensomotorik). Vergleichbar mit den Satelliten eines GPS, sind verschiedene Inputsysteme des menschlichen Körpers für das Übermitteln von den notwendigen, präzisen Bewegungsinformationen zuständig. Dazu gehören das visuelle System (Augen), das vestibuläre System (Gleichgewichtsorgan im Innenohr) und das propriozeptive System (Körperwahrnehmung). Das NZT anerkennt, dass die Inputsysteme als Grundlage für optimale Bewegung systematisch trainiert werden und dass Defizite in den Inputsystemen zu Schmerzen-, Bewegungs- und Leistungseinschränkungen führen können.
Motorische Kontrolle
Ein Teilgebiet der Neurowissenschaften beschäftigt sich mit der Steuerung von Bewegung durch das Gehirn, der motorischen Kontrolle. Beim NZT fliessen Erkenntnisse zur Steuerung von willkürlich und reflexiv ablaufenden Bewegungsaspekten und Kontrollmechanismen gezielt mit ein.

Motorisches Lernen
Motor Learning ist ein weiterer Bereich der Bewegungs- und Neurowissenschaften, welcher sich mit dem Lernen von Bewegung in unterschiedlichen Kontexten auseinandersetzt. Die Erkenntnisse aus diesem Forschungsfeld haben wichtige Implikationen für das Coaching von Bewegung und für die Bestimmung von Trainingsparametern. Das NZT berücksichtigt deshalb aktuelle Erkenntnisse aus dem Bereich Motor Learning.
8 Level
Das 8 Level Modell ist ein auf Neuroanatomie beruhendes Denkmodell. Es hilft dabei, komplexe Ziel- oder Problemstellungen aus neuroanatomischer und neurofunktioneller Sichtweise zu analysieren und individuelle Lösungswege zu finden. Die 8 Level sind:
-
Rezeptoren
-
Periphere Nerven
-
Rückenmark
-
Kleinhirn
-
Hirnstamm
-
Thalamus
-
Kortex
-
Inselrinde

Bedrohungsneuromatrix
Das Konzept der Bedrohungsneuromatrix stammt in erster Linie aus den Schmerzwissenschaften und beschreibt die Art und Weise, wie unser Nervensystem seine primäre Funktion ausübt, nämlich unser Überleben zu sichern. Jeder Trainings- und Therapieinput wird im Nervensystem auf der Ebene Verarbeitung durch den Filter der Bedrohungsneuromatrix auf Sicherheit hin bewertet. Die grosse Frage zu jedem Zeitpunkt, in jeder Situation lautet immer: «Ist es sicher?». Für optimale Bewegung, Leistung und Trainingsadaptationen muss diese Frage unbedingt mit Ja beantwortet werden können. Die Berücksichtigung der Bedrohungsneuromatrix scheint deshalb ein wichtiger Aspekt bei der optimalen Auswahl und Dosierung von Trainings- und Therapiereizen zu sein. Das neurozentrierte Trainingskonzept bietet erste Ansätze für die Praxis, wie die hoch individuelle Bedrohungsneuromatrix im Training berücksichtigt werden kann.
Bewegung
Egal, ob leistungsphysiologische, bindegewebsphysiologische oder neurophysiologische Überlegungen im Zentrum eines Trainingsreizes sind, Training und Trainingsziele gehen praktisch immer mit Bewegung einher. Deshalb steht Bewegung im Zentrum dieser Abbildung. Das NZT legt hier seinen Fokus stark auf die Hintergründe, Steuermechanismen und das Zustandekommen von Bewegung.
Anpassung
Ein Trainingsreiz soll per Definition zu kurz- und langfristigen Anpassungen in verschiedenen Körpersystemen führen. Aus neurozentrierter Perspektive gilt es zu beachten, dass jeder Trainingsreiz, ob gezielt oder per Zufall, auch zu kurz- oder langfristigen Anpassungen im Nervensystem führt. Diese Anpassungen im Sinne von Neuroplastizität und Lernen, können sowohl positiv, als auch negativ sein. Das neurozentrierte Trainingskonzept will sicherstellen, dass Adaptationen auf jegliche Trainingsreize, egal ob leistungs-, bindegewebs- oder neurophysiologische Ziele im Zentrum stehen, zu positiven Veränderungen im Nervensystem führen oder zumindest negative Anpassungen im Nervensystem vermieden werden.
Optimale Trainingsreize
Die SANT befürwortet eine ganzheitliche Betrachtungsweise von Training und Therapie. Dabei steht der Mensch mit seinem Ziel im Zentrum, welches durch möglichst optimale Trainings- oder Therapiereize erreicht werden soll. «Optimal» bedeutet in diesem Zusammenhang aus unserer Sicht vereinfacht gesagt folgendes: Angepasst an die aktuellen und individuellen Gegebenheiten des Menschen und dessen Ziel- und Problemstellung, müssen sowohl leistungsphysiologische und bindegewebsphysiologische, als auch neurophysiologische Aspekte berücksichtigt werden.

Die SANT beschäftigt sich intensiv mit den neurophysiologischen Aspekten, welche es im Training zu berücksichtigen gilt. Wir möchten jedoch betonen, dass die anderen genannten Bereiche deshalb nicht vernachlässigt oder gar ignoriert werden dürfen.